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Gothaer Kongress 1875

„Von diesen Grundsätzen ausgehend, erstrebt die sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands mit allen gesetzlichen Mitteln den freien Staat und die sozialistische Gesellschaft, die Zerbrechung des ehernen Lohngesetzes durch Abschaffung des Systems der Lohnarbeit, die Aufhebung der Ausbeutung in jeder Gestalt, die Beseitigung aller sozialen und politischen Ungleichheit.“ Aus dem Gothaer Programm

Die beiden sozialdemokratischen Parteien ADAV und SDAP vereinigten sich auf dem Gothaer Kongress vom 23. bis 27. Mai 1875 zur SAP (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands). Beide Parteien hatten zuvor in Konkurrenz zueinandergestanden und sich aufgrund verschiedener politischer Grundsätze bewusst voneinander abgegrenzt. Der 1863 gegründete ADAV orientierte sich inhaltlich an seinem Gründer Ferdinand Lassalle und dessen Forderungen nach staatlich unterstützten und von Arbeitern und Arbeiterinnen selbst geführten Produktivgenossenschaften. Der ADAV lehnte Gewerkschaftsarbeit sowie eine revolutionäre Umwälzung von Staat und Gesellschaft ab. Im Gegensatz dazu stand die 1868 gegründete, von Wilhelm Liebknecht und August Bebel geführte SDAP in marxistischer Tradition: Sie strebte eine sozialistische Revolution an, war in die internationale Arbeiterbewegung eingebunden und unterstützte die Gewerkschaftsarbeit. 

Am 23. Mai 1875 versammelten sich 73 Delegierte des ADAV und 56 Delegierte der SDAP in Gotha, um ein Programm und ein Organisationsstatut für die geplante neue Partei zu verfassen. Das Gothaer Programm stellte einen Kompromiss zwischen den ideologischen Ansätzen beider Parteien dar. In seinem Zentrum standen Forderungen nach einem "freien Staat" und einer "sozialistischen Gesellschaft" ohne soziale und politische Ungleichheit. Das kritisierte "eherne Lohngesetz" sollte durch die Abschaffung des Systems der Lohnarbeit und die Einführung von Produktivgenossenschaften ersetzt werden. Da viele Thesen Lassalles übernommen wurden und ein klares Bekenntnis zur sozialistischen Revolution fehlte, kritisierte insbesondere Karl Marx das Einigungswerk in seiner Schrift "Kritik des Gothaer Programms" heftig.

Im Zuge des 1878 eingeführten Sozialistengesetzes verboten, wurde die SAP nach Aufhebung des Gesetzes 1890 in Sozialdemokratische Partei Deutschland (SPD) umbenannt.


Weiterführende Literatur / Interessante Links

Karl Marx: Kritik des Gothaer Programms (1875). 4. Auflage, Dietz Verlag, Berlin 1986, ISBN 3-320-00278-3 (Nachdruck der Ausgabe, Berlin 1946).

Marlies Mikolajczak: 1875-2000: 125 Jahre Gothaer Parteitag und Gothaer Programm; Gothaer Tivoli Geburtsstätte der Sozialdemokratie. 1. Auflage. Druck & Werbung, Gotha 2000. 

Susanne Miller; Heinrich Potthoff: Kleine Geschichte der SPD: Darst. und Dokumentation 1848–1990. 7. Auflage. J.H.W. Dietz Nachf., Bonn 1991, ISBN 3-87831-350-0, S. 539. 

Helga Grebing: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. München, 1966

Thomas Meyer, Susanne Miller, Joachim Rohlfes (Hrsg.): Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Darstellung, Chronologie, Dokumente(= Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung. Band 207). 3. Bde. Bonn 1984, ISBN 3-923423-11-X.

Gothaer Programm der SAP von 1875

Karl Marx: Kritik des Gothaer Programms


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